AlpX Le Mama – von St. Gallen nach Locarno

Culture

Wir haben Manuel Asch und Lucas Engelhardt zu ihrem Alpencross von St. Gallen nach Locarno interviewt. Insgesamt 329 km, 8170 Höhenmeter in 3 Tagen. Sie plaudern aus dem Nähkästchen und erzählen uns von Situationskomik und Ausdauersport.

Wie seid ihr beiden genau auf die Route von St. Gallen nach Locarno gekommen?
Seid ihr öfter zu zweit bzw. zu dritt  unterwegs?

Manu: Lucas hat gemeint wir brauchen eine Tour die nicht wie die Klassiker verlaufen, auf vielen Trails  ist es nicht mehr gerne gesehen mit dem MTB zu fahren. Zudem hatten wir ja nur 3 Tage, und unser dritter Anwärter Marcus aus der Schweiz hatte somit auch keine lange Anfahrt. Der Lucas und ich fahren schon sehr oft gemeinsam. Es ist immer wieder ein Fest mit Ihm, er übernimmt oft den Part des “Planers”, für spontane Ideen komme dann ich ins Spiel, ein ziemlich gutes Team sind wir geworden. Und ja, es kommt oft noch der Dritte mit ins Spiel, Marcus, den sehen wir leider nicht so oft, da er nicht mehr in Ulm wohnt. Wenn er aber dabei ist, werden die Projekte nochmal etwas gehoben und geschärft, solche Dinger starten dann immer mit gewisser Demut und Ehrfurcht.

Was sind die Must-Haves auf so einer Tour und was kann Zuhause bleiben?

Manu: Auf jeden Fall immer weniger als man eingepackt hat, wie jedes Mal 😉 Aber Standard ist Helm, Radhose, nen Ersatzschlauch und bisschen Werkzeug und vielleicht ein zweites Hemd. Haha, wir hatten einmal das Problem, dass wir durch unser zu stark verschlissenes Material 8 Platten an einem Tag hatten, das war aber dem Herr sei dank nicht dieser Alpencross.  Also meine Empfehlung: Nicht mit komplett verschlissenen Reifen sowas zu starten! Sollte sowas passieren, kommt man schnell in zeitlichen Verzug und der Plan geht dann nicht mehr auf. Was noch sehr wichtig ist, gute Laune, also Nörgler sollte man daheim lassen. Oft ist das “Material schuld” obwohl man weiß, dass  es  der schlechte Spirit oder null Bock ist. Aber bei Luc und Marcus habe ich das noch nie erlebt, da wird auch gerne mal ein defekter Hinterbau des Fullys mit einem lächeln weggenickt und provisorisch repariert.

„The simple life behind the bar!“

Ihr habt in 3 Tagen 324 km und 8170 hm runtergespielt. Was war für euch der beste Moment auf dem Trip?

Manu: Der Trip war voller schöner Momente. Ich würde eher sagen, lass uns für jeden Tag ein Highlight bestimmen!

Tag 1: Nach 85 km, in den Supermarkt rennen und das Schweizer Nationalbier schnappen! Einfach das Spachteln von Nüssen und Brot genießen! Klingt super lahm, aber unvergesslicher Moment → “The simple life behind the bar”

Luc:

Tag 2: Die Stimmung am Lukmanierpass ist eine ganz besondere. Wir hätten auch kurz die Straße hochprügeln können, aber die Feldwege abseits des Asphalts waren deutlich schöner. Wir haben den ganzen Anstieg gequatscht, Blödsinn gemacht und das inmitten einer fabelhaften Natur mit tiefstehender Sonne. 

Tag 3: 20min vor Zugabfahrt in Locarno angekommen, schnell ein Foto am See, Marcus: Tickets für den Zug kaufen, Manu: Wasser am Brunnen holen, Luc: Kiosk leerräumen. Zug erwischen. Klingt stressig, aber erst dann realisiert man, dass man es geschafft hat, alle sind gesund und der Plan ist aufgegangen.

War es eine Reise nach Plan oder musstet ihr auch mal umdisponieren?

Luc:  Nunja, eigentlich wollten wir das Maggiatal vom Lago del Naret auf schönen Trails hinunterrollen.. Durch einen extremen Wolkenbruch, just nachdem wir 600hm die Räder auf den Pass getragen hatten, verloren wir kostbare Zeit und es war arschkalt! Wir hatten noch 2.5 Stunden bis unser Zug fuhr und noch 60km vor uns.  Da hat nur eins geholfen: Lokomotivführer Marcus hat die Kompressorbeine ausgepackt und ist auf dem Asphalt vorneweg gestampft. Muss ein komisches Bild gewesen sein.. Wenn drei Typen  mit ihren MTBs mit Gepäck ein Teamzeitfahren absolvieren.

 „Da gibt es nur ein miteinander und wenn einen Wettkampf gegen die eigenen Grenzen.“

Klar ihr liebt das Radfahren. Aber was motiviert einen immer wieder solche Strecken mit dem Bike in Angriff zu nehmen?

Manu: Es überrascht einen jedes Mal, zu was wir Menschen mit rein mechanischer Effizienzgewinnung  eigentlich fähig sind. Eine Auszeit nehmen vom Alltagschaos in der Arbeit. Mit Freunden etwas unvergessliches zu erleben. Genau sowas motiviert einen, die Reise ins etwas ungewisse. Alleine haben wir auch schon Dinge gemacht, aber die gemeinsam erlebten Ausflüge bieten durch lustige Gespräche, spannende Momente oder reiner Situationskomik  deutlich mehr Angriffsfläche für Geschichten, die ein Leben lang im Kopf abgespeichert sind. Alleine wenn ich  zurückdenke an die Tagesausfahrt mit Marcus & Lucas an den Gardasee, freu ich mich schon wieder auf die gemeinsamen Pizzen & Rotwein… an was für einem Ort auch immer! 

Luc: Ich finde solche Aktionen mittlerweile viel interessanter wie einen Wettkampf/Rennen. Da gibt es nur ein miteinander und wenn einen Wettkampf gegen die eigenen Grenzen.

Gab es Momente an denen ihr dachtet, ich wäre lieber Zuhause geblieben? Habt ihr einen Trick um solche Momente zu überwinden?

Manu: Der Moment nachdem man sein Rad 2h getragen hat, dann am höchsten Punkt der gesamten Tour ist, es richtig  zum Gewittern anfängt und man dann “körig” über den Lenker knallt, während man sein Rad in der Luft rumfliegen sieht, die Rahmentasche aufgeht und Handy, Geldbeutel und Riegel durch den Regen fliegen!  Super Nummer, aber ja, passiert. Gravitation, “kannsch nix macha” würde der Schwabe sagen 😛

Wie und wo habt ihr übernachtet? Was gab es an Treibstoff aka Essen? Habt ihr einen heißen Influencer Foodtipp für uns?

Luc: Mein erster Alpencross mit Marcus hatte als Student 150 € (3 Übernachtungen + Zugticket) gekostet. Das war als “Schwob” die Messlatte 😉 Nein im Ernst, uns ist eine sympathische Hütte lieber als ein Wellneshotel. Dadurch haben wir entlang der Tour nach bestmöglichen und sinnvoll verteilten Orten gesucht. Wenn man am Wochenende davor plant, wirds zwangsläufig auch ein Glückspiel, ob noch was frei ist.  Am Kunkelspass haben wir sehr nett bei Lucia und Micha im Gasthaus Eggwald im “Touristenlager” übernachtet.  Mehr als Touri haben wir uns wohl im Hospiz auf dem Lukmanier gefühlt. Essen gibts überall 😉 und Trinkwasser (im Gegensatz zu anderorts) in der Schweiz überall!

Noch ein paar allgemeinere Fragen. Was bedeutet für euch das Fahrradfahren?  Was bedeutet euch euer Fahrrad?

Manu: Tut mir leid, irgendwie recht unspektakulär. Ist halt schon ein Gebrauchsgegenstand, oder was meinst Du Lucas? 

Luc: Stimmt, aber ein schöner!

Welchen Touren habt ihr sonst schon gemacht? Was war bisher der heißeste Asphalt?

Manu: Alle Jahre wieder an meinem Geburtstag zu meiner Mutter nach Freising zum Essen und dann wieder nach Ulm, ein echter Midsummer klassiker, epico 🙂 Ich habe gehört zwischen Ulm und Stuttgart gibt es eine organisierte Ausfahrt, die sich”Alb Extrem” nennt. >300km / >6000hm… Ich selber war noch nie dabei, aber dieser Kiste im Hochsommer sagt man heißen Asphalt nach.

Ihr wohnt in Ulm. Wie ist dort die Bike-Community?

Manu: Ja, es hat ein paar nette Radgruppen! GA13 der Name, mit denen gehen auch immer tolle Sachen! Letztes Jahr sind wir alle gemeinsam über die Pyrenaen vom Atlantik ans Mittelmeer gefahren. Dennoch lieben wir unser “um Ulm herum”. Viele “Steigen/Stoiga” (Anstiege) die an kleine Alpenpässe erinnern. Es gibt in der Ulmer Community sogar einen ganz wilden Vogel der sich auf diese Anstiege spezialisiert hat und sie alle kennt. In der Szene nennt man ihn auch “Stoigakönig”.

Und bevor wir wieder weiterfahren. Ihr seid immer viel auf dem Rad – gibt es schon den nächsten großen Plan über den wir dann wieder berichten dürfen?

Luc: Ja, wir wollen von Athen die Eule nach Ulm tragen, das war eigentlich für Mai 2020 geplant gewesen, aber da waren leider die Grenzen dicht. So see you next year BalkanExpress.

Hier für die die Strecke auf Komoot noch mal nachverfolgen wollen: