Wie aus einem Hobby ein Fahrradladen wurde

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Für Christian Putschin, Gründer und Geschäftsführer von haveabike, steht alles im Zeichen des Rads - privat wie beruflich. Auf unserer Tour zwischen Westpark, Kaffeebar und Bikeladen haben wir spannende Einblicke ins Fahrradbusiness, über Vintage-Bikes und den Fahrradklau in München erhalten. Aufgewachsen in der Autostadt Stuttgart, hat sich für den gelernten Speditionskaufmann vor zwei Jahren und nach einigen glücklichen Zufällen der Traum vom eigenen Fahrradladen in München erfüllt.

Christian, was bedeutet für dich Fahrradfahren?

Durchs Fahrradfahren kriege ich den Kopf frei und es bedeutet mir Unabhängigkeit und Freiheit. Das Ganze beziehe ich mittlerweile auch auf meinen Job.

Kannst du uns das näher erläutern?

Seit fast zweieinhalb Jahren habe ich nun meinen eigenen Bikeshop inklusive Fahrradwerkstatt. Aus dem Fahrradfahren anderer Leute ist sozusagen mein Job und ein echtes Geschäft geworden. Das es mal so weit kommen würde, habe ich ehrlich gesagt nicht geglaubt. Zunächst habe ich als Speditionskaufmann, danach als Projektmanager gearbeitet, bis mich einige glückliche Umstände zu dem gebracht haben, wo ich heute stehe, nämlich selbst gebrauchte City- und Mountainbikes sowie alte Vintage-Rennräder in meinem eigenen Bikeshop zu verkaufen. Jeden Tag treffe ich so viele Fahrradfahrer/innen, von jung bis alt.

… die Leute kamen dann abends zu uns in den provisorischen Garagen-Laden.”

Und wie bist du dazu gekommen alte Fahrräder zu verkaufen?

Angefangen hat alles mit sechszehn, als ich zum ersten Mal Fahrräder auf einem Flohmarkt in Stuttgart verkauft habe. Später wurde das Ganze dann immer professioneller. Zusammen mit einem Freund haben wir angefangen Fahrräder aus einer Garage heraus zu verkaufen. Die Räder haben wir bei Ebay Kleinanzeigen inseriert und die Leute kamen dann abends zu uns in den provisorischen „Garagen-Laden“. Das lief ziemlich gut, nur leider spielten die Nachbarn irgendwann nicht mehr mit und wir mussten uns nach etwas Neuem umsehen. Damals hat uns das ziemlich geärgert, aber im Nachhinein war es genau richtig. Wir waren endlich gezwungen uns zu hinterfragen und entschieden uns, es jeweils mit einem eigenen, richtigen Fahrradladen zu probieren. Meinen damaligen Job habe ich gekündigt und von da an alles auf die „Bike“-Karte gesetzt.

Wie kommst du denn an die gebrauchten Fahrräder dran?

Am Anfang haben wir die Räder von Familie, Bekannten und Freunden verkauft, der Kreis wurde dann immer größer. Heute bekomme ich die Räder hauptsächlich von Privatleuten, aber auch von Wohnungsauflösungen oder Versteigerungen. Es ist schon faszinierend, welche Schätze da teilweise zum Vorschein kommen. Letzte Woche habe ich einen Mann vom Tegernsee kennengelernt, der hat um die 15 Rennradklassiker bei sich zu Hause stehen. Top in Schuss und nur selten gefahren. Ein echter Nerd und Sammler! Und jetzt verkaufe ich für ihn die Räder.

„Ich habe niemals das Gefühl stehen zu bleiben.“

Was macht das Selbstständig Sein für dich aus?

Ich habe ja ein paar Jahre als Angestellter gearbeitet. Aber das Gefühl zu haben für sein eigenes Geschäft zu arbeiten, das ist das Coolste. Ich kann mich im Prinzip absolut frei entfalten, alles nach meinen Vorstellungen umsetzen. Es begeistert mich an Dingen zu arbeiten, sie zu verbessern und sich selbst dabei weiterzuentwickeln. Ich habe niemals das Gefühl stehen zu bleiben. Sicher, man hat auch viel Verantwortung für seine Mitarbeiter und trägt das Risiko, aber momentan kann ich mir nichts anderes vorstellen.

Kannst du dich noch an dein erstes Fahrrad erinnern?

Ja, das war ein gebrauchtes BMX von meinem Vater.

Besitzt du ein Lieblingsfahrrad, von welchem du dich niemals trennen willst?

Na es gibt schon sehr coole alte Vintage-Rennrad-Klassiker. Momentan fahre ich einen „Japaner“ von Koga Miyata. Die Rahmen von Colnago finde ich aber auch ziemlich cool. Zu Hause habe ich noch zwei andere Räder. Leider fehlt mir etwas der Platz, sonst hätte ich sicher noch mehr.

Was war dein schönstes Fahrraderlebnis?

Die Isartrails sind schon ziemlich nett. Leider habe nicht genug Zeit um größere Touren zu fahren.

Hast du Lieblingsorte in München, die du gerne mit deinem Bike besuchst?

Am Liebsten fahre ich mit meinem Rad zur Arbeit und zu Cafés. Das Café Bellevue am Nordbad, das Café Vits am Isartor oder die Kaffeebar in der Schulstraße kann ich sehr empfehlen. Dort sitze ich gerne, trinke einen Kaffee, beobachte die Leute und vergesse den Alltagsstress.

Was erledigst du alles mit dem Rad?

So viel wie möglich. Nur zu Lieferanten fahre ich mit dem Auto. Die liegen meist außerhalb der Stadt.

„Fahrradfahren ist wie Meditation.“

Was würdest du Leuten mitgeben die das Radfahren nicht so toll finden?

Probiert es unbedingt aus! Fahrradfahren ist wie Mediation. Darauf möchte ich selbst bei schlechtem Wetter nicht verzichten. Deshalb fahre ich eigentlich jeden Tag mit dem Rad zur Arbeit. Ich bin nämlich in Stuttgart aufgewachsen und dort fährt man einfach kein Fahrrad. Ich genieße es hier in München richtig.

Was hast du immer beim Fahrradfahren dabei?

Beim Fahrradfahren bin ich eher der Purist. Im Sommer setze mich einfach aufs Rad und fahr los. Dann habe ich eigentlich nur mein Schloss dabei.

Was müsste die Stadt machen um das Radfahren in München attraktiver zu machen?

Eigentlich das Übliche – breitere und mehr Fahrradwege. Das „grüne Welle“ Projekt in der Schellingstraße in München ist auch sinnvoll, aber sowas muss flächendeckend eingeführt werden. Ein anderes Problem sind die vielen Fahrraddiebstähle. Die Polizei müsste die Hot Spots wie Bahnhöfe stärker kontrollieren und die Diebstähle konsequenter verfolgen. Es werden einfach immer noch zu viele Räder geklaut, ich glaube das hält einige Leute vom Radeln ab.

ENTWEDER ODER

Rennrad oder Mountainbike? Rennrad

Sommer oder Winter? Sommer

Berggipfel oder Strandliege? Strand

Wein oder Bier? Wein, besser noch Gin Tonic

Tag- oder Nachtschwärmer? Nachtschwärmer

Hotel oder Campingplatz? Hotel

Techno oder Classic? Techno

Apple oder Windows? Apple

Kappe oder Mütze? Kappe

Kopenhagen oder Barcelona? Kopenhagen

Gibt es denn einen praktischen Tipp, den du deinen Kunden mitgibst?

Registriert eure Bikes bei der Polizei! Das ist absolut sinnvoll, schreckt ab und hilft, wenn zum Beispiel Fahrraddiebe geschnappt werden und die Polizei dann die eigentlichen Besitzer sucht. Und noch was: Jeder sollte ein Bild von seinem Fahrrad machen. Man glaubt es kaum, aber das kann im Zweifel enorm helfen. Seit einigen Monaten habe ich auch eine spezielle Kooperation mit der Polizei. Immer dann, wenn mir beispielsweise jemand ein Fahrrad zum Verkauf anbietet rufe ich einen netten Herrn bei der Polizei an und erkundige mich, ob das Fahrrad nicht eventuell geklaut ist. Die Polizei kann dann in einer Datenbank nachschlagen. Vor ein paar Wochen zum Beispiel wollte mir ein Mann angeblich das Mountainbike seiner Tante verkaufen, was mir direkt komisch vorkam. Noch aus der Werkstatt heraus habe ich die Polizei angerufen und die Seriennummer des Rades überprüfen lassen. Es hat sich tatsächlich herausgestellt, dass das Rad vor ein paar Tagen geklaut wurde. Der Typ ist dann abgehauen, konnte aber später festgenommen werden.